10 Marzo 2015
Wege der Moderne
JOSEF HOFFMANN, ADOLF LOOS UND DIE FOLGEN
MI, 17.12.2014–SO, 19.04.2015
MAK-AUSSTELLUNGSHALLE
Die Ausstellung präsentiert ausgewählte Werke zweier Pioniere der Moderne in einer akzentuierten Gegenüberstellung – samt Vorgeschichte und Nachwirkungen bis heute. Josef Hoffmann (1870–1956) und Adolf Loos (1870–1933) waren – in der Generation nach Otto Wagner (1841–1918) – die wichtigsten Architekten und Designer Wiens um 1900. Für die modernen Konsument Innen entwickelten sie zwei gegensätzliche Wege, Individualität und Selbstverwirklichung zu entfalten. Josef Hoffmann setzte auf einen revolutionären Weg, der Gebrauchsgegenstände und Architektur in immer neuen Designs als ästhetische Produkte anbot. Adolf Loos folgte einer evolutionären Strategie, die Gebrauchsgegenstände und Architektur nicht als Kunstprodukte sah, sondern als diskreten Hintergrund für individuelle Lebensweisen. Diese beiden konträren Denkweisen repräsentieren grundlegende Interpretationen der Aufgaben moderner Architekt Innen und DesignerInnen ebenso wie unterschiedliche Bilder moderner Lebensweisen der emanzipierten BürgerInnen.
Die Ausstellung zeigt in fünf Abschnitten Vorbedingungen, Hauptwerke und Folgen der Arbeit von Hoffmann und Loos. In den beiden ersten Kapiteln wird – ausgehend von der Etablierung individueller Geschmacksvarianten um 1750 und der damit entstehenden Basis unserer Konsumkultur – gezeigt, auf welchen Leistungen und Entwicklungen ihrer Vorgängergenerationen Hoffmann und Loos aufbauten bzw. reagierten. Im Mittelpunkt stehen die Reaktionen auf die Krise des Kunstgewerbes im Industriezeitalter sowie die Entwicklung einer genuin modernen Formensprache durch Otto Wagner.
Das zentrale Kapitel ist den Jahren um 1900 gewidmet. Anhand von Originalzeichnungen, Gebrauchsgegenständen, Möbeln und Modellen werden die beiden gegensätzlichen Interpretationen moderner Lebensweisen einander gegenübergestellt. Ein zentrales Thema ist das moderne Stadthaus: Das „Looshaus“ am Wiener Michaelerplatz und Hoffmanns Palais Stoclet in Brüssel. Erstmals werden Rekonstruktionen zweier fast gleichzeitig entstandener Innenräume von Loos und Hoffmann gezeigt. Im Schlafzimmer aus Josef Hoffmanns Wohnung Salzer (1902) sind alle Objekte in einem strengen Quadrat-Ornamentsystem angeordnet, während das Schlafzimmer aus Loos‘ eigener Wohnung (1903) Intimität durch die Sinnlichkeit von Textilien evoziert, die nicht vom Architekten gestaltet sind.
In zwei weiteren Abschnitten wird das Weiterleben von Josef Hoffmanns ästhetizistischem Weg der Moderne und Adolf Loos‘ evolutionäremanzipatorischer Strategie beleuchtet. Neue gesellschaftliche Fragestellungen und eine neue ArchitektInnengeneration ließen schon ab 1910 weitere Wege der Moderne entstehen, die bereits auf Hoffmann und Loos aufbauen konnten. Human und sozial orientierte Konzepte von Oskar Strnad und Josef Frank verbinden ihre Denkweisen. Rekonstruktionen von Hoffmanns opulentem Boudoir d’une grande vedette [Damenzimmer eines großen Stars] (1937) und Margarete Schütte-Lihotzkys Wohnung der berufstätigen alleinstehenden Frau (1929) illustrieren hingegen konträre Positionen. Die international orientierte österreichische Avantgarde ist mit Ernst Plischke und dem Wiener Büro Singer & Dicker vertreten. Bernard Rudofskys Interpretationen moderner Lebensweisen zeigen eine Weiterentwicklung von Loos‘ Kulturkritik.
Gastkurator Matthias Boeckl
Kurator Christian Witt-Dörring, MAK-Kurator